Grüne Europawochen: 15 Jahre Zypern in der EU
Der Brexit macht in diesen Tagen wieder deutlich wie uns Nationalismus und Europafeindlichkeit in eine große Unsicherheit stürzen. Wir Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus verstehen uns als Gegenpol dazu. Aus diesem Grund rufen wir im April und Mai unsere grünen Europawochen ins Leben. Unter dem Motto “Wir für Europa” zeigen wir Landespolitiker*innen Flagge für eine klar proeuropäische Haltung. Fatoş Topaç kommt mit Zypriot*innen ins Gespräch – über Deutschland, Zypern und Europa. Am 1. Mai ist Zypern 15 Jahre Mitglied in der Europäischen Union.
Seit über 10.000 Jahren ist Zypern ein Kulturraum. Seine zentrale Lage im Mittelmeer und auch seine Kupfervorkommen machten es zu einer Drehscheibe im Mittelmeer. Die vielen Ideen und Lebensentwürfe all derer, die aus sämtlichen Himmelsrichtungen kamen und hier siedelten, prägten seine reichhaltige Kultur bis heute. Das alles gilt auch für die Stadt Berlin im Herzen Europas, in der ich Abgeordnete bin. Bis auf das Kupfer natürlich…
Nach Berlin, die Stadt in der ich lebe, kommen auch viele Menschen aus unterschiedlichsten Ländern, um hier zu leben. Sie alle formen diese Stadt mit und machen das Leben hier vielfältig, bunt und l(i)ebenswert. Ob in Zypern oder in Berlin – es geht mir um die Menschen, die hier leben. Deswegen freue ich mich sehr, dass ich im Rahmen der grünen Europawochen mit zwei Zypriot*innen ins Gespräch kommen konnte, über Deutschland, Zypern und Europa.
Der Charakter eines Landes lässt sich besonders schön an seinen kulinarischen Angeboten und Essgewohnheiten entdecken und so habe ich mit Andreas Patsalides gesprochen, dem Wirt des ersten zypriotischen Restaurants in Berlin. Das Restaurant „Ta Panta Ri“ wurde 1988 in Berlin-Wilmersdorf eröffnet und zeichnet sich seinem Besitzer zufolge besonders dadurch aus, dass es als inoffizielle Botschaft Zyperns gelte. Der Name „Ta Panta Ri“ kommt von einem Zitat des griechischen Philosophen Heraklit, der damit die göttlich geregelte Gleichzeitigkeit von Verschiedenheit und Eintracht beschreibt.
Herr Patsalides erzählt, dass die zypriotische Küche von den üblichen mediterranen, aber auch von den Gerichten orientalischer Völker geprägt sei. Als beste typische Gerichte empfiehlt er Halloumi, Sieftalia, zypriotische Hackfleischröllchen im Lammnetz und zypriotisches Meze. Meze setze sich in Zypern aus einer Vielzahl von Speisen auf kleinen Tellern zusammen, wobei die jeweilige Komposition in jeder Region und in jedem Restaurant anders sei und deshalb wie eine kulinarische Visitenkarte der jeweiligen Küche angesehen werde. Ein Meze-Essen werde üblicherweise im Freundes- oder Familienkreis genossen.
In Bezug auf die EU erzählt Herr Patsalides, dass diese für ihn und das „Ta Panta Ri“ eine entscheidende Rolle spiele, in Hinblick auf Zypern jedoch auch viel dazu erklärt werden müsse. Zypern ist zweigeteilt und nur der südliche, griechische Teil ist der EU zugehörig. Man müsse darüber sprechen, warum der griechische Süden keine Einigung mit dem türkischen Norden finden würde. Dieser wird von der türkischen Republik Nordzypern kontrolliert, welche jedoch von der internationalen Staatengemeinschaft mit Ausnahme der Türkei nicht als eigener Staat anerkannt wird. Das EU-Recht ist hier ausgesetzt. Dem Wirt zufolge wünsche sich jedoch die Mehrheit der Zypriot*innen eine Wiedervereinigung des Landes und ein gesamtzypriotischer Beitritt in die EU sei auch irgendwann vorstellbar.
Inspiriert von diesem Gespräch mit dem Vertreter der „inoffiziellen Botschafter Zyperns“ habe ich auch den „offiziellen“ zypriotischen Botschafter in Berlin, Andreas Hadjichrysanthou, nach seiner Meinung gefragt. Er sieht einige Gemeinsamkeiten zwischen Deutschland und Zypern und beschreibt sie wie folgt:
„Als EU-Mitgliedsstaaten teilen Deutschland und Zypern dieselbe Vision für ein stärkeres und stärker integriertes Europa, in einer Welt anhaltender Unsicherheiten und dringender Herausforderungen. Beide Länder sind der Überzeugung, dass ein stärkeres europäisches Handeln in der Einheit erforderlich ist, wenn wir die aktuellen und neuen Herausforderungen, einschließlich Migration, Terrorismus und Fremdenfeindlichkeit bzw. Rassismus effizient, kohärent und kollektiv angehen wollen.“
Er appelliert daran, die Bedeutung zu sehen und zu erkennen, die der östliche Mittelmeerraum, der östlichsten Punkt der EU, mit seinen Wundern und Herausforderungen für die EU hat.
Patsalides‘ persönlicher Geheimtipp in Zypern ist Aphrodites mythischer Geburtsort südwestlich von Paphos. Das Gebiet, auch „Petra tou Romiou“ genannt, ist eine interessante geologische Formation von riesigen Felsen entlang einer der schönsten Küsten der Insel. Nach der Legende wurde die antike griechische Göttin der Liebe und Schönheit – Aphrodite – hier aus dem Meerschaum geboren. Die Legende erzählt, dass sie aus den Wellen emporstieg und auf einer Muschel zu diesem Strand gebracht wurde.
An dieser Stelle möchte ich den Beiden nochmals herzlich für ihre Zeit und Offenheit danken! Nach den beiden Gesprächen habe ich nicht nur Lust auf ein zypriotisches Meze, sondern bin auch neugierig, mehr über dieses Land am östlichsten Rand der EU zu erfahren und mehr Menschen wie Andreas Patsalides und Andreas Hadjichrysanthou kennenzulernen.
Schon gewusst? Weitere Informationen über Zypern
Foto: Magdalene Baisch
- Roadtrip gefällig? 37 Stunden dauert die Fahrt vom Berliner Abgeordnetenhaus nach Nikosia.
- Ihr wollt mehr über Zypern und den Zypernkonflikt wissen? Die Bundeszentrale für politische Bildung hat diesem Thema vor einigen Jahren eine Ausgabe des Magazins „Aus Politik und Zeitgeschichte“ gewidmet. Mehr Infos hier: http://www.bpb.de/apuz/32113/zypern
- Reiselustig? Als barrierefreie Urlaubsdestination nimmt Zypern eine Vorreiterrolle ein! Der Flughafen und auch eine Vielzahl von Hotels entsprechen den Bedürfnissen von körperbehinderten Menschen. Alle barrierefreien Unterkünfte der Insel sind im offiziellen Hotelverzeichnis der Fremdenverkehrszentrale Zypern zu finden. Mehrere Reisebusse besitzen Spezialbusse für Rollstuhlfahrer*innen und viele Städte sind mit Rampen und barrierefreien Zugängen zu Restaurants, Cafés und Veranstaltungsorten ausgestattet. Das sollten sich viele europäische Länder ein Vorbild nehmen.
- 15 Jahre Europa! Seit dem 1. Mai 2004 ist Zypern Mitglied der Europäischen Union. Wir feiern dieses Jahr also die 15-jährige Mitgliedschaft!