Veranstaltungsbericht: „Grün.Gesund.Berlin – In allen Lebenslagen“ zu Kinder- und Jugendgesundheit
Gesundes Aufwachsen ist Grundstein für die spätere Gesundheit. In der Kindheit werden oft schon die Weichen gestellt, die darüber entscheiden ob und wie lange wir gut und gesund leben können. Ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung und regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen klingen einleuchtend, sind aber nicht immer leicht zu befolgen. Die Gesunderhaltung, Gesundheitsförderung und Versorgung im Krankheitsfall von Kindern und Jugendlichen ist daher entscheidend. Doch werden alle Kinder und Jugendlichen in Berlin gut versorgt? Welche Rolle spielen Belastungen in der Familie, Wohn- und Umweltbedingungen? Sind die Versorgungsangebote gerecht über die Stadt verteilt? Wie können gesunde Orte für Kinder und Jugendliche geschaffen werden?
Diese Fragen wurden bei dem gut besuchten Fachgespräch mit Expert*innen diskutiert. Nach den Begrüßungsworten von Stefan Ziller, MdA und stellvertretender Fraktionsvorsitzender, der den Zusammenhang von Armut und Kindergesundheit betonte, führte Catherina Pieroth, MdA und Sprecherin für Gesundheit, durch das Fachgespräch. Sie erläuterte, dass gesundheitliche Bedürfnisse sich mit den Lebensphasen wandelten und deshalb berücksichtigt werden müssen, um eine gute und gerechte Gesundheitsversorgung zu ermöglichen. Gesundes Aufwachsen umfasst mehr als Vorsorgeuntersuchungen, Ernährung und Sport. Saubere Luft, weniger Lärm, kostenlose Begegnungsstätten seien ebenso wichtig, weshalb Kinder und Jugendliche auch in der Stadtplanung mitgedacht werden müssten.
Familien stark machen
Einleitend stellte Andrea Möllmann-Bardak, stellvertretende Geschäftsführerin von Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V., heraus, das für die Gesundheit von Kindern neben Ernährung und Bewegung, ebenso feste Bezugspersonen und Teilhabemöglichkeiten wichtig seien. Da die Gesundheit eines Kindes immer noch von der sozialen Herkunft abhängig sei, müsse die ganze Familie unterstützt werden, um die Gesundheit von Kindern zu erhalten und zu fördern. Eine Vielzahl von Akteur*innen aus unterschiedlichsten Lebensbereichen müsse breite Informations- und Beratungsangebote zur Verfügung stellen und aktiv auf Familien zugehen. Entscheidend sei vor allem die Vernetzung dieser Akteur*innen, damit Angebote auch untereinander besser bekannt und abgestimmt werden können. Projekte, die sich bewährt haben, müssen ausgebaut werden und für alle Kinder und Jugendliche in Berlin bereitgestellt werden.
Präventionsgesetz nutzen
Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin Berlin/Brandenburg BARMER, sieht eine Chance im Präventionsgesetz, um die Kinder- und Jugendgesundheit zu verbessern. Das Präventionsgesetz und die Landesrahmenvereinbarung müssen mit Leben gefüllt werden. Partner*innen und Aktivitäten in der Prävention und Gesundheitsförderung müssen gebündelt werden. Aus Sicht der Krankenkasse sind daher Investitionen dort zu fördern, wo Kooperationspartner Lebensräume schaffen, damit Kinder gut und gesund aufwachsen. Ernährung und Bewegung seien dazu der Schlüssel, ebenso wie Bildung.
Lots*innen als zentrale Lösung
Kristine Balzer, Koordinatorin Frühe Hilfen Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg, und Susanne Dallmann, stellvertretende sozialpädagogische Leiterin des Kinder- und Jugendgesundheitsdienst Friedrichshain-Kreuzberg, schilderten Lösungsansätze und Herausforderungen aus Sicht der Bezirke. Für die Arbeit des Jugendamtes sei es wichtig, ständig zu hinterfragen, was Kinder und Eltern an Angeboten benötigen. Die Antwort auf viele Probleme seien Lots*innen, die Familien die Unterstützung bieten, die sie brauchen. Brennpunktthemen der Eltern seien derzeit vor allem die Tagesbetreuung und die Suche nach Kinderärzt*innen.
Gesundheitserziehung benötigt Zeit
Daran anschließend hob Dr. Burkhard Ruppert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin, hervor, dass es in Berlin gelungen sei zehn neue Kassensitze für Kinderheilkunde zu schaffen. Dies sei wichtig, denn das Aufgabenfeld der Kinderärzt*innen habe sich über die Jahre stark verändert. Gesundheitsbildung sei für die Prävention von großer Bedeutung, nehme aber auch mehr Zeit in Anspruch. Er fordere daher, dass Gesundheitserziehung in den Schulen stattfindet.
Jugendliche nicht durchs Raster fallen lassen
June Tomiak, MdA und Sprecherin für Jugend, stellte heraus, das junge Menschen dazu befähigt werden müssten, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Gerade im Teenage-Alter sei es wichtig, dass Gesundheitsversorgung und Prävention nicht zu kurz kämen, da dies Auswirkungen auf das gesamte weitere Leben habe. Dabei sei es auch wichtig, die Probleme von Kindern und Jugendlichen in den Mittelpunkt zu rücken, die es offiziell gar nicht geben kann, aber dennoch vorkommen, wie eine fehlende Krankenversicherung.
Verantwortlichkeiten aufteilen
Marianne Burkert-Eulitz, MdA und Sprecherin für Familie und Bildung, sprach die Schnittstellenproblematik an, die überwunden werden müsse, um Ressourcen zu bündeln wie es in Netzwerken bereits gut funktioniere. Entscheidend sei, das Verantwortlichkeiten der verschiedenen Netzwerkpartner klar benannt und verteilt seien, damit bei den Familien auch tatsächlich die Angebote ankommen.
Vernetzung muss zur Aufgabe werden
Mehr Vernetzung sprach auch Stefan Pospiech, Geschäftsführer von Gesundheit Berlin-Brandenburg e.V., an. Die vielfältigen und vielzähligen Angebote in Berlin laufen oft nebeneinander her ohne das klar ist, wer welche Aufgabe hat. Diese Vernetzung muss durch alle Akteur*innen rund um Kinder- und Jugendgesundheit erfüllt werden und mit einer klaren Zielstellung erfolgen. Die Gesundheitskompetenz darf nicht auf den Einzelnen abgewälzt werden. Es muss herausgearbeitet werden, was Organisationen leisten und bereitstellen müssen.
Personal und Zeit für mehr Vernetzung
In der anschließenden Diskussion, an der auch Gäste aus dem Publikum aktiv teilnehmen konnten, wurde deutlich, dass bereits verschiedenste Akteur*innen aus unterschiedlichen Bereichen sich für eine gute Kinder- und Jugendgesundheit einsetzen. An Erkenntnissen über den Gesundheitszustand von Kindern und Heranwachsenden mangele es nicht. Vielmehr bestehe eine Wissenslücke über bestehende Angebote und ein Mangel an Vernetzung. Diese Aufgabe könne nur durch eine zentrale Stelle in Berlin gewährleistet werden, die alle bestehenden Angebote erfasst und miteinander vernetze. Entscheidend sei aber auch, das genügend Personal bereit stehe. Die aufsuchenden Angebot seien mit einem höheren Zeitaufwand verbunden. Gleichzeitig bündele die Vernetzung mit anderen Berufsgruppen ebenfalls Zeit, die dann wiederum nicht für die Versorgung von Kindern zur Verfügung stehe.
Die Erkenntnisse aus dem Fachgespräch werden in die parlamentarische Arbeit von uns Grünen einfließen. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Kinder und Jugendliche gesund aufwachsen. Ob ein Kind in Gesundheit aufwächst, darf nicht länger davon abhängen, ob Eltern viel oder wenig Geld verdienen. Eltern möchten das Beste für ihre Kinder, deshalb ist es für uns wichtig, allen Familien einen guten Zugang zu Unterstützungsangeboten zu gewährleisten, aber auch die Lebenswelten so zu gestalten, dass Kinder gesund aufwachsen können.