Was darf die/der neue Beauftragte*r für Bürger*innen und Polizei?
Heute haben die innenpolitischen Sprecher der Koalitionsfraktionen von SPD, LINKE und den GRÜNEN das Gesetz über eine*n unabhängige*n Beauftragte*n für Bürger*innen- und Polizeiangelegenheiten der Öffentlichkeit vorgestellt. Was diese*r können soll und wie es nun weiter geht, erklärt Benedikt Lux MdA, innenpolitischer Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin.
Die Mitarbeiter*innen in der Berliner Verwaltung und der Berliner Polizei leisten wichtige Arbeit für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft. Regeln durchzusetzen und die Ansprüche der Bürger*innen an Politik und Verwaltung zu erfüllen, kann mit Konflikten verbunden sein. Beschwerden können bislang im Wesentlichen an die Behörde selbst oder an die Justiz gerichtet werden. Um das Vertrauen in den funktionierenden Rechtsstaat zu erhöhen, wollen wir den Petitionsausschuss des Abgeordnetenhauses stärken und eine*n unabhängige*n – nur dem Abgeordnetenhaus verpflichtete*n – Beauftragte*n für Bürger*innen- und Polizeiangelegenheiten einrichten.
Ziel ist es, das Vertrauen von Berliner*innen in die Behörden zu stärken und das Verhältnis zu verbessern. Daher handelt es sich auch um eine an das Parlament angesiedelte Stelle – die niemandem untersteht und autonom arbeiten kann – also ein unabhängiges Kontrollorgan. Jede Person kann sich an die oder den Beauftragten wenden und ein Fehlverhalten der öffentlichen Verwaltung geltend machen. Damit setzt die rot-rot-grüne Koalition eines ihrer zentralen innenpolitischen Versprechen um.
Konflikte können so zwar nicht vermieden, aber Wege für eine einvernehmliche Lösung gefunden werden. Der oder die Bürger*innen- und Polizeibeauftragte ist auch ein*e Beauftragte*r für die Polizeidienstkräfte und die Mitarbeiter*innen der Verwaltung. Diese können sich ebenfalls mit Beschwerden und persönlichen oder strukturellen Anliegen an diese*n wenden. Beispiele wie die Affäre um die vergifteten Schießstände oder die Vorgänge in der Polizeiakademie zeigen, dass Beschwerden außerhalb des Dienstwegs eine gute Alternative sein können. In Rheinland-Pfalz hat sich dieses Modell bewährt. Dort wird bei Großlagen und Demonstrationen unabhängig beobachtet und bei dienstlichen Problemen oder strukturellen Missständen Abhilfe geschaffen. Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein gehen einen ähnlichen Weg. Vorbild ist auch der Wehrbeauftragte der Bundeswehr.
Die/der Bürgerbeauftragte besitzt umfangreiche Befugnisse
Sie oder er nimmt Petitionen von Bürger*innen entgegen, hört sie an, leistet Aufklärungsarbeit, indem sie/er den Senat oder andere öffentliche Stellen um Auskunft ersucht. Die zuständige Stelle soll der oder dem Beauftragten über Maßnahmen, Fortgang, Ergebnis des Verfahrens berichten. Sie oder er berichtet dann den Bürger*innen über die Bearbeitung der Eingabe und leitet diese an den Petitionsausschuss weiter. Außerdem ist die oder der Beauftragte ausdrücklich bei Diskriminierung im Schulwesen zuständig.
Als Polizeibeauftragte nimmt sie oder er Beschwerden gegen, aber auch von Polizist*innen entgegen. Dies ist auch vertraulich möglich. Die Frist dafür beträgt drei Monate nach Beendigung der Maßnahme. Die oder der Polizeibeauftragte kann auch eigenständig tätig werden, etwa bei Fehlverhalten, das in den Medien bekannt geworden ist. Sie oder er prüft dann den Sachverhalt, hat dazu Auskunfts- und Akteneinsichtsrechte und kann Dienststellen besuchen. Nur bei schwebenden Gerichts- und Disziplinarverfahren und einem laufenden parlamentarischen Untersuchungsausschuss muss sie oder er sich über den Innensenator gehen. Die oder der Beauftragte ist dem Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses zugeordnet.
Am Donnerstag, den 30. Januar 2020 wird das Gesetz im Berliner Abgeordnetenhaus in Erster Lesung beraten. Dann wollen wir mit Praktiker*innen und Betroffenen, mit Mitarbeiter*innen und interessierten Bürger*innen in das Gespräch kommen. Nach möglichen Anhörungen und Beschlussfassung im Parlament, voraussichtlich im Frühsommer 2020 wird die Umsetzung beginnen und Personal und Ausstattung verhandelt werden.