Auf einen Kaffee mit… Dr. Turgut Altug
Dr. Turgut Altug, Sprecher für Natur- und Verbraucherschutz, übers Wurzeln-Schlagen, sein Weg zu den Grünen und seine Auszeichnung mit der Integrationsmedaille
Du bist in der Türkei aufgewachsen. Was verbindest du heute noch mit deinem Geburtsland?
Nach 27 Jahren in der Türkei gibt es natürlich starke Verbindungen. Mein Lebensmittelpunkt ist aber seit Jahren Deutschland und insbesondere Berlin. Ich bin der Meinung, dass Menschen überall da Wurzeln schlagen können, wo sie dies möchten. Meine Wurzeln habe ich in Berlin geschlagen.
Wann war dir klar, dass du dich bei den Grünen engagieren willst?
Mit 19 Jahren habe ich in der Südtürkei an einem Campingplatz gearbeitet, wo ich ein Urlauberpaar aus Deutschland kennen gelernt habe. Sie haben mir einen Aufkleber geschenkt mit der bekannten Weissagung der Cree: „Erst wenn der letzte Baum gerodet, der letzte Fluss vergiftet, der letzte Fisch gefangen ist, werdet ihr merken, dass man Geld nicht essen kann“. Das hat mich sehr angesprochen. Die beiden waren UmweltaktivistInnen. Mit der Umwelt- und Friedens-Bewegung konnte ich mich gut identifizieren und war in diesen Bereichen bereits in der Türkei politisch aktiv. In einem Zeitalter ohne Internet oder Handys war dies mein erster Berührungspunkt mit Grünen. Nachdem ich die deutsche Staatsbürgerschaft bekommen habe, bin ich dann bei den Grünen eingetreten.
Du hast 2010 die Integrationsmedaille der Bundesregierung erhalten. Für was genau wurdest du ausgezeichnet?
Das Bundesarbeitsministerium hat Programme unterstützt, die Langzeitarbeitslosen für drei Jahre eine Beschäftigung vermittelt haben. Ich habe in diesem Rahmen das „Türkisch-Deutsche Umweltzentrum“ gegründet, um vor allem Migrantinnen und Migranten für das Thema „Umweltschutz“ zu gewinnen. Dafür hat der Trägerverein TDZ e.V. zwölf Stellen zugesichert bekommen. Ich habe als erster in Deutschland das Thema Umweltschutz und Migration miteinander in einem solchen Projekt verbunden. Eine Aktion innerhalb dieses Projekts war „Natur als Zweitsprache“ in Anlehnung an das DAZ „Deutsch als Zweitsprache“. Zwei Biologinnen haben als Freiberuflerinnen im Umweltzentrum mitgearbeitet. Im Projekt ging es u.a. darum, in Innenstadtbezirken Kinder aus Zuwandererfamilien Naturthemen näherzubringen. Gleichzeitig wurden bei Ausflügen in die Natur die Sprachfähigkeiten der Kinder verbessert. Aber auch viele andere Projekte das Filmprojekt „Unser aller Erde“ oder die deutsch-türkische Umweltzeitschrift wurden durchgeführt. Das Zentrum hat überregionales und internationales Medieninteresse hervorgerufen. Leider wird das Projekt seit 2011 nicht mehr finanziert, was ich sehr bedauere, da eine nachhaltige Lösung für die MitarbeiterInnen des Umweltzentrums natürlich besser gewesen wäre. Ich unterstütze aber nach wie vor Projekte dieser Art, auch über Berlin hinaus.
Welche politischen Schwerpunkte setzt du für das Jahr 2014?
Der Terminkalender für 2014 ist auf jeden Fall schon gut gefüllt. Um einige Themen zu nennen: Parlamentarische Initiativen zu den Themen wie Transparenz bei Lebensmitteln, Berliner Schwarzbuch des Naturschutzes, Nano-Technologie, Diskriminierung von MigrantInnen als VerbraucherInnen, Aktualisierung der Baumschutzverordnung, Finanzierung der bezirklichen Grünflächenpflege, Urban Gardening, Plastiktütenproblematik. In Zusammenarbeit mit den Grünen im Bezirk sind es Themen, die den Alltag der Menschen in meinem Wahlkreis 3 – Kreuzberg Nordost direkt betreffen. Darunter fallen Lösungsfindungen für das Flüchtlingscamp, Fahrradwege, Fahrradabstellplätze, Probleme mit den Behörden, Mietsteigerungen, Steigerung der Lebensqualität im Kiez, Unterstützung der MigrantInnen bzw. MSO und BürgerInnen-Initiativen. Zudem führe ich u.a. Veranstaltungen zu den Themen „das geplante Bundesmietengesetz“, „Multikulti ist tot?, es lebe Multikulti“, „solidarische Landwirtschaft und Landgrabbing“, „ökologisches Erntedankfest“, „Naturschutzfrühstück“, „die Umsetzung der Agenda 21“, „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, „Leben ohne Plastik“ durch.
Das Interview führte Marc Siepe.