Kommentar: Schwarz-roter Koalitionsvertrag zur Justiz – Viel Strafverschärfung, wenig Opferschutz – Petra Vandrey
In den letzten Wochen haben CDU und SPD den Koalitionsvertrag für die neue Berliner Regierung entworfen. Mit Dr. Felor Badenberg wurde jetzt außerdem die Personalie der neuen Berliner Justizsenatorin bekannt.
Petra Vandrey, rechtspolitische Sprecherin:
„Das Kapitel zur Justiz im schwarz-roten Koalitionsvertrag atmet einen repressiven Geist. Zwar werden einige wichtige Themen benannt, die auch schon in den letzten Wahlperioden unter der rot-grün-roten Koalition wichtig waren, so die bessere personelle Ausstattung der Gerichte und die Digitalisierung der Justiz. Das ist zu begrüßen. Ansonsten allerdings ist der Koalitionsvertrag in Bezug auf die Justiz geprägt von einer repressiven Haltung. Dies wird besonders deutlich hinsichtlich der Ausführungen des Vertrages zu den Berliner Gefängnissen. Hier bleibt das Wort „Resozialisierung“ eine bloße Worthülle, konkret geht es um Fußfesseln, mehr Kontrolle, Handyblocker, schärfere Vorschriften und das Schließen angeblicher Sicherheitslücken im Berliner Strafvollzug. Dies stigmatisiert das Berliner Gefängniswesen mit den vielen dort tätigen Bediensteten. Vor allem verkennt schwarz-rot damit die wirklichen Probleme des Berliner Strafvollzugs. Dort brauchen wir nicht schärfere Vorschriften, sondern mehr Personal und sanierte Gebäude für eine menschenwürdige Unterbringung der Gefangenen. Nur dann kann Resozialisierung gelingen.
Beim Thema Opferschutz sind nur einzelne Einrichtungen genannt, zum Beispiel die Gewaltschutzambulanzen und das Childhood Haus. Diese beiden Einrichtungen sind tatsächlich hervorragend und wurden daher auch schon von grüner Seite unterstützt, auch mit finanziellen Mitteln im letzten Haushalt. Was dem schwarz-roten Koalitionsvertrag allerdings völlig fehlt, ist die gesamte übrige Hilfelandschaft für den Opferschutz in Berlin, die ebenfalls sehr gute Arbeit leistet, so die Servicestelle pro aktiv, BIG e.V. und die vielen anderen Institutionen, namentlich die Täterarbeit, die präventiv wirkt und ein wichtiger Baustein des Opferschutzes ist. Wir werden genau hinschauen, dass diese für den Opferschutz wichtigen Einrichtungen auch unter schwarz-rot weiter ihre wichtige Arbeit leisten können. Wir werden auch an unserem Vorhaben festhalten, den Opferschutz in Berlin zu stärken durch ein Gesetz zur Unterstützung von Betroffenen (UBSG), für das schon wichtige Vorarbeit geleistet wurde und das im schwarz-roten Koalitionsvertrag leider völlig fehlt.
Schließlich bleibt die Ankündigung zur Stärkung der Bekämpfung der organisierten Kriminalität im schwarz-roten Koalitionsvertrag eine Phrase, ohne jegliche konkrete Maßnahmen. Aussagen zur Bekämpfung von Geldwäsche, der Einziehung von Immobilien aus Straftaten, zur Wirtschafts- und auch zur Umweltpolitik fehlen ganz und gar.
Im Fazit erschöpft sich der schwarz-rote Koalitionsvertrag zum Justizteil in Überschriften. Wenn es konkret wird, geht es um Strafverschärfungen und Repressionen. Das passt zum innenpolitischen Teil des schwarz-roten Koalitionsvertrages, der den finalen Todesschuss gesetzlich verankern, die Überwachung verstärken und die Präventivhaft verlängern möchte. Zu Berlins diverser Stadtgesellschaft passt der schwarz-rote Koalitionsvertrag nicht. Wir werden auch aus der Opposition heraus progressive Rechtspolitik machen, die die Menschen, die in unserer Stadt leben, im Blick hat.
Die Benennung von Frau Dr. Felor Badenberg, die parteilos ist und bislang Vizepräsidentin des Bundesamtes für Verfassungsschutz war, als neue Justizsenatorin, ist spannend. Wir hoffen, dass mit ihr die Rechtspolitik der nächsten Jahre progressiver wird, als der konservative schwarz-rote Koalitionsvertrag vermuten lässt.“