Rede von Silke Gebel Zum Thema Schulbau in Berlin in der Plenarsitzung vom 16.11.2017
*** Es gilt das gesprochene Wort ***
Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Damen und Herren,
Sie alle kennen die Bilder von kaputten Klos, defekten Heizungen, bröckelnden Fassaden und Wasserrohrbrüchen in Berliner Schulen. Erst Anfang dieser Woche sind die Lehrer der Carlo-Schmidt-Oberschule deshalb auf die Straße gegangen.
Und wenn ich das sehe, dann denke ich mir, wir alle als Politik müssen uns entschuldigen. Bei all denen, die jeden Tag ausbaden, dass hier jahrzehntelang an der Substanz gezehrt und weggeschaut wurde. Dieser Raubbau an unseren Schulen ist eine Schande für ein Land, was gute Bildung als wesentliche Staatsaufgabe sieht.
Deshalb geht diese Koalition einen neuen Weg – mutig und gemeinsam. Wir als rot-rot-grüne Koalition haben ein Milliardenpaket geschnürt, um den Sanierungsstau aufzulösen. 5,5 Milliarden Euro in 10 Jahren, das ist das größte Berliner Investitionsvorhaben seit Jahrzehnten. Weil es wichtig ist. Weil wir damit die Grundlage für gute Bildungspolitik und soziale Gerechtigkeit schaffen!
Über ein Thema wurde mir in dieser Debatte heute zu wenig gesprochen. Wir reden die ganze Zeit von Schulen, als seien sie nur die Summe ihrer Klassenräume, Toiletten, Brandschutzmaßnahmen und Treppenhäuser. Als wären sie nur eine funktionale Hülle, die vor unwirtlichen Witterungseinflüssen schützen soll. Dabei sind sie doch viel mehr: Sie sind der Ort, an dem unsere Kinder die meiste Zeit ihres Leben verbringen. Deshalb sind sie zentral für den Lernerfolg.
Das fängt ja schon morgens beim Betreten der Schule an. Das geht uns doch allen so: Wenn ich einen kalten, sterilen funktionalen Bau betrete, sinkt zugleich meine Bereitschaft zu lernen, sich zu konzentrieren, etwas zu leisten. Wenn ich aber ein Gebäude betrete, in dem ich mich wohl fühle – das mir sagt: du bist hier willkommen, wir wollen, dass du was leistet, dass du was lernst – dann bringe ich gleich eine ganz andere Motivation mit.
Das gilt für Schüler und Lehrer gleichermaßen. Wir zeigen mit den Gebäuden unsere Wertschätzung. Hier werden wir liefern. Nicht nur mit ein oder zwei Leuchtturmschulen, sondern mit dem Anspruch hier die Schule der Zukunft fürs 21. Jahrhundert zu bauen.
Berlin steht dabei vor einer Mammutaufgabe.
Wir müssen fast 80.000 neue Schulplätze schaffen und wir müssen in die Jahre gekommene Schulgebäude sanieren. Hier schlummert eine milliardenhohe versteckte Verschuldung. Beides machen wir mit dem Anspruch hier in Berlin die Schule der Zukunft entstehen zu lassen. Mit den Eckpunkten Digital, Ganztag, Inklusion und Ökologisch!
Ich will, dass man über unsere Schulen sagt: Ich will hier rein und nicht: Ich will hier raus!
Das wird ein immenser Kraftakt.
Wir haben den unbedingten Willen das zu schaffen. Deshalb ist für uns als Koalition klar: Intakte Schulgebäude sind eine der Prioritäten dieser Koalition.
Wir gehen den Investitionsstau endlich an. Mit mehr Geld, mehr Personal und der richtigen Struktur.
Wie bei allen Bauvorhaben braucht das Land Fachpersonal, das neue Schulen baut und Alte saniert. Das ist nicht einfach. Auf dem Bau herrscht Hochkonjunktur und das Land Berlin ist noch nicht als der tollste Arbeitgeber bekannt, der er sein sollte. Das müssen wir alle gemeinsam ändern.
Ein Beispiel: Aktuell dauert allein der Planungsvorlauf einer Schule acht Jahre. Das sind 21 Planungsschritte und etliche Hin- und Herplanungen. Das ist nicht nur für uns, für die Menschen, die auf die Schule warten, nervig. Das ist vor allem für die Beschäftigten der Berliner Verwaltung, die engagiert dabei sind, frustrierend. Dabei könnte es doch so schön sein eine gute Schule zu bauen.
Deshalb ist unser Ziel: Wir müssen es schaffen, innerhalb von drei bis vier Jahren Schulen zu planen und zu bauen! Dafür gründet der Senat die HOWOGE-Tochter. Und vielleicht muss man dabei auch ergänzend über einen Generalunternehmer nachdenken, der schlüsselfertige Schulen baut. Das bringt uns die dringend benötigten Schulplätze und entlastet die bestehenden Schulen.
Sie sehen, es bedarf nicht nur Geld und Personal, sondern auch der richtigen Struktur, um schnell die besten Schulen zu bauen. Deswegen ist eins der vier Hauptprojekte zur Verwaltungsmodernisierung dieser Koalition eine neue Kooperation für effektiven Schulneubau und Schulsanierung zu schaffen. Mit den Bezirken auf Augenhöhe. Unser Motto ist: Hand in Hand – Bezirke und Land. Denn wir wissen, dieses große Regierungsversprechen können wir nur mit vereinten Kräften erreichen.
Der FDP-Vorschlag ist genau das Gegenteil. Er zentralisiert auch dort, wo die Bezirke mit anpacken können und wollen. Sei es als GmbH oder gemeinsame Geschäftsstellen, die Bezirke haben Lust neue Wege zu gehen und ihre Vor-Ort-Expertise einzubringen. Top-Down bringt uns da nicht weiter. Vielleicht kann ja Christian Lindner mit Top-Down-Entscheidungen seine Partei führen – da will ich mich nicht einmischen – aber dringend notwendige Schulen werden so nicht gebaut. Ich sage Ihnen: Das Land Berlin muss nicht über jeden Wasserhahn oder Stromkasten entscheiden, die Bezirke dürfen aber auch nicht mit dem Neubau von über 50 Schulen allein gelassen werden! Deshalb haben wir das geändert.
Wir setzen auf eine Infrastruktur-Gesellschaft, die die großen und aufwändigen Sanierungs- und Neubauvorhaben übernimmt. Und natürlich sind die Schulen dann auch weiterhin Gemeingut. Ich wüsste auch nicht, wer das anders sieht, denn Schulen sind so wichtig für unsere Gesellschaft.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, wir schaffen etwas Neues. Und unser Anspruch ist, dass wir so moderne, wegweisende Schulgebäude schaffen, dass sie auch andernorts kopiert werden.
Und genau dafür braucht Berlin eine funktionierende Struktur für Schulbau.
Was Berlin nicht mehr braucht sind Zentralisierungsphantasien und Strukturdebatten, die nur darauf abzielen, den Bezirken oder dem Land den schwarzen Peter zuzuschieben.
Denn all das wird uns nicht helfen, die Schulen zu bauen, in die wir Eltern gern unsere Kinder schicken. In denen die Kinder und Jugendlichen Spaß am Lernen haben. In denen Lehrerinnen und Lehrer zur Höchstform beim Unterrichten auflaufen. In denen ihnen ein dritter Pädagoge – das Schulgebäude – zur Seite steht.
Ich finde das wichtig, weil sich in diesen 10 bis 12 Jahren entscheidet, was für einen Lebensweg unsere Kinder einschlagen. Wir müssen die besten Konzepte entwickeln und dann gemeinsam mit starken Bezirken bauen, sanieren und die besten Schulen für unsere Kinder bereitstellen.
Für mich ist klar: Die Großprojekte unserer Zeit sind doch keine Schlösser und Paläste, sondern Schulen. Das sind wir den nächsten Generationen schuldig.