*** Es gilt das gesprochene Wort ***

Sehr geehrter Herr Präsident,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

es ist Zeit zu handeln. Die vierte Welle kommt gerade voll in unseren Krankenhäusern an. Jeden Tag werden schwerstkranke Covid-Patienten auf die Intensivstationen verlegt. Charite und Vivantes haben letzte Woche alle planbaren Operationen abgesagt, um überhaupt handlungsfähig zu bleiben. Wir haben schon wieder die Belastungsgrenze erreicht. Wir müssen entschlossen handeln, damit es keine Katastrophe gibt. Wir brauchen einen echten “Corona-Winterplan” damit wir gut und sicher ins Frühjahr kommen!

Sehr geehrte Damen und Herren, Handeln heißt vor allem, alles dafür zu tun die Impfquote zu erhöhen. Das RKI prognostiziert, dass wir 1 bis 1,5 Mio. Impfungen pro Tag in Deutschland brauchen, um sicher durch den Winter zu kommen. Das ist extrem ambitioniert. Meine Erwartungshaltung an den Bund ist, alles dafür zu tun, damit wir in den Ländern diesen Impf-Turbo anschalten können. Denn das bedeutet etwa 50.000 bis 70.000 Impfungen pro Tag in Berlin. Dafür müssen wir unsere Kapazitäten ordentlich hochfahren. Aber das ist eben auch der Plan, den wir brauchen, um die Pandemie zu beenden.

Das heißt: Weitere Impfzentren wieder anschalten, in den Arztpraxen von Montag bis Sonntag impfen, unsere kreativen Angebote wie Impf-Shopping oder Ringbahn-Impfen erweitern, die Apotheken als Impfstationen dazunehmen und die Betriebsärzte losschicken. So können wir es schaffen, ausreichend Leuten eine Dritt-, also eine Boosterimpfung, zu geben und gleichzeitig die Impflücken zu schließen. Und das ist wichtig, um den Jahreswechsel gut und sicher hinzubekommen.

Aber: So sehr ich mich auch darüber freue, dass das Boostern endlich anläuft und wir in Berlin mit fast einem Drittel der Über-60jährigen bundesweit Spitzenreiter sind, wir dürfen darüber nicht vergessen, dass der größte pandemische Effekt in der Erstimpfung liegt. Deshalb heißt entschlossenes Handeln in der Pandemie, besonders hier noch einen Gang hochzuschalten. Die Impf-Infrastruktur muss darauf ausgelegt sein, dass es eine Priority-Lane für die Erst-Impfungen gibt. Es wäre fatal, wenn Leute ihre Impfentscheidung aufgrund von langen Schlangen überdenken und dann ohne den Pieks nach Hause gehen. Wir brauchen ganz niedrigschwellige Impfinformationen und zwar nicht nur Plakate, sondern Testimonials – am besten durch Personen wie Joshua Kimmich. Und wir brauchen Flyeraktionen an Verkehrsknotenpunkten.

Und, wir müssen die Impfquote der Erwachsenen an Kita, Schule, Pflege und Krankenhaus auf 100 Prozent bringen. Die Debatte über eine Impflicht in diesen Bereichen kommt ja nicht von ungefähr. Aber sie ist mir zu unterkomplex und überspringt zwei entscheidende Punkte. Wir müssen zuerst erfassen, wer nicht geimpft ist und als zweites all diesen Menschen ein verpflichtendes Impfberatungsgespräch anbieten. Es kursieren so viele Fake-News über die Impfung, da müssen wir mit Fakten gegenhalten und so für die Corona-Impfung werben.

Aber: Wir müssen auch ehrlich sein. Wer sich in den kommenden Tagen und Wochen impfen lässt, wird die vierte Welle nur begrenzt brechen. Die Impfung jetzt ist der Schutz für 2022, der Schutz vor der fünften Welle oder davor, dass die vierte Welle sich ewig zieht.

Sehr geehrte Damen und Herren, deshalb muss ein Corona-Winterplan auch ein Plan für das Unterbrechen von Infektionsketten sein. Nach fast zwei Jahren Pandemie wissen wir alle nur zu gut was das heißt. Jede und jeder einzelne muss wieder Kontakte reduzieren, Maske tragen, das Testen hochfahren. So schmerzhaft das ist. Und so unfair es sich für Geimpfte auch anfühlt. Aber wir sind wieder in der Phase der gesellschaftlichen Abwägung. Und für mich sind unsere Prioritäten weiter klar: Leben retten, indem wir die Intensivkapazitäten einhalten, vulnerable Gruppen wie Menschen in Pflegeeinrichtungen schützen und Bildung für Kinder in unseren Schulen sicherstellen.

Und wenn das unsere Ziele sind, dann ist die Maxime Infektionen zu verhindern. Dann ist der Besuch einer Großveranstaltung derzeit das falsche Signal. Das Infektionsgeschehen ist zu diffus, es ist gerade einfach nicht die Zeit dafür. Ich weiß, wie hart das klingt, ich weiß, für wie viele Menschen Existenzen daran hängen, wenn Konferenzen nicht stattfinden, Clubnächte abgesagt oder die große Weihnachtsfeier mit dem Betrieb auch dieses Jahr ausfällt. Und welche Entbehrung es auch für den und die einzelne bedeutet. Aber ohne dies wird es nicht gehen. Unsere Impfquote ist in diesem Winter noch zu niedrig. Ein weiterer Ansporn sie zu steigern.

Sehr geehrte Damen und Herren, aber es geht nicht nur um die Frage, was der oder die Einzelne in der Pandemie machen kann. Es geht vor allem um die Frage, welchen Rahmen die Politik setzt. Ein Corona-Winterplan muss nach zwei Jahren Pandemie auch zeigen, wie sich Menschen treffen können, wie Kontakte möglich sind. Und für mich heißt das ganz klar: 2G Plus.

Wir haben diverse Corona-Ausbrüche nach 2G-Veranstaltungen erlebt. Wir wissen, dass sich auch Geimpfte anstecken bzw. das Virus weitergeben können. Der sicherere Weg ist, dass 2G mit Maske oder einem negativen Testergebnis kombiniert wird. Deshalb ist meine klare Empfehlung: Jedes Treffen – ob beruflich oder privat – muss klar die Grundlage 2G Plus haben. So verhindern wir Ausbrüche, so finden wir stumme Infektionen. Und so können wir die Kurve abflachen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir müssen die Infektionskurve abflachen, um den Ansturm auf unser Gesundheitssystem abzufedern. Wir haben in diesem Winter weniger Personal auf den Intensivstationen, weil viele Menschen, die dort gearbeitet haben, nicht mehr konnten und aufgehört haben. Nach zwei Jahren Pandemie sind hier alle am Limit. Ein Corona-Winterplan muss auch ein Plan für unsere Krankenhäuser, unsere Ärzt*innen und Pflegekräfte sein. Solidarität und Entlastung ist mehr als Applaus.

Unsere Aufgabe als Land ist es zu gewährleisten, dass alle Menschen medizinisch versorgt werden können und ich rede hier nicht nur von den Corona-Patient*innen, sondern meine alle Erkrankungen. Damit wir das aussteuern können, braucht es die richtigen Anreize in der Krankenhausfinanzierung. Ich erwarte, dass der Bund endlich wieder die Freihaltepauschalen bietet, damit alle Krankenhäuser sich mit Corona-Intensivbetten beteiligen und wir mit unseren Krankenhäusern sicher durch die Krise kommen. Die Covid-Pauschale, die auf dem Tisch liegt, reicht bei weitem nicht aus. Da muss Jens Spahn, aber auch die zukünftige Bundesregierung, nachbessern.

Sich gegenseitig die Verantwortung zuzuschieben, geht nicht, jetzt muss entschieden gehandelt werden. Und lieber Herr Wegner: Noch heißt unser Gesundheitsminister Jens Spahn. Und es ist eben jener Herr Spahn, der uns absolut unvorbereitet in diesen Winter geschickt hat.

Meine Damen und Herren, liebe Berlinerinnen und Berliner. Das Thema dieser Aktuellen Stunde lautet: Die 4. Welle brechen – gemeinsam gegen das Coronavirus. Und genau darum möchte ich Sie alle bitten. Lassen Sie uns gemeinsam und geschlossen gegen das Coronavirus kämpfen. Das Gute ist im Vergleich zum Vorjahr: Wir haben alle Instrumente dafür zur Hand, allen voran sehr gute Impfstoffe und Schnelltests. Also lassen Sie sich testen, tragen Sie Ihre Maske und vor allem: Lassen Sie sich impfen! Damit nicht nur Sie, sondern auch die Kinder, Jugendlichen und älteren Menschen unbeschadet durch diesen Winter kommen. Und damit unser Pflegepersonal seinen Job machen kann, ohne daran zu zerbrechen. Dafür braucht es uns alle. Damit uns diese Welle nicht überrollt.

Vielen Dank.