9. November: Mahnung und Mutmacher zugleich
Zum 9. November 2020 erklären die Fraktionsvorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus Antje Kapek und Silke Gebel:
„Der 9. November wird nicht umsonst als „Schicksalstag“ der deutschen Geschichte bezeichnet. Das Datum steht wie kein zweites für die dunklen und die hellen Seiten unserer Vergangenheit. Denken wir an die Reichspogromnacht 1938, die den Beginn der offenen Verfolgung von Juden in Deutschland markierte, so schmerzt es, dass der Antisemitismus in unserer Stadt auch 82 Jahre danach nicht der Vergangenheit angehört. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Berlin hat im vergangenen Jahr 881 antisemitische Vorfälle registriert. Wo immer jüdische Menschen angegriffen werden, dürfen wir nicht wegsehen, sondern müssen solidarisch sein und Zivilcourage zeigen. Die große Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner ist gewillt, unsere Freiheit und den Rechtsstaat zu verteidigen. Das ist eine Lebensaufgabe, der wir uns jeden Tag neu stellen müssen.
Der 9. November 1989 dagegen ist ein Tag, an den zu erinnern Hoffnung macht. Ein Tag, der eindrücklich zeigt, wozu menschlicher Wille und Zusammenhalt in der Lage sind. Die Mauer ist nicht einfach gefallen, sondern sie wurde gestürzt – von vielen mutigen Menschen, denen unser besonderer Dank gilt. Der 9. November ruft uns ins Gedächtnis, dass unser vereintes Berlin keine Selbstverständlichkeit ist. Und er macht Mut für die Herausforderungen, vor denen unsere Stadt durch die Coronakrise steht. Lassen wir nicht zu, dass das Virus uns auseinandertreibt! Seien wir stattdessen empathisch: Viele Menschen haben Existenzsorgen, andere Angst um ihre Gesundheit oder die ihrer Lieben, wieder andere plagt Einsamkeit. Wir als Politik geben unser Bestes, damit wir alle die Pandemie und ihre Auswirkungen so gut wie möglich überstehen. Doch um diese Herausforderung zu meistern, ist jede und jeder Einzelne gefragt. Solidarität kann Leben retten – das gilt im Kampf gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit wie im Kampf gegen Corona.
So ist der 9. November in diesem Jahr Mahnung und Mutmacher zugleich. Uns an die Vergangenheit zu erinnern kann helfen, die Gegenwart zu bewältigen und uns für die Zukunft zu wappnen.“