Räumung in der Habersaathstraße ist ein sozialpolitischer Skandal
Foto: Anna Fiolka
Zur Räumung in der Habersaathstraße kommentiert Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten:
„Die heutige Räumung in der Habersaathstraße ist ein schwarzer Tag für Berlin und ein sozialpolitischer Skandal. Kurz vor dem Winter werden Menschen mit Polizeigewalt aus ihrem Zuhause vertrieben und laufen Gefahr, in die Obdachlosigkeit zurückgeschickt zu werden. Dass der Gerichtsvollzieher und die Polizei derart hart durchgegriffen und selbst Anwält*innen der Betroffenen der Zugang verweigert wurde, ist ein Tiefpunkt. Hier wird Eigentumsschutz über das Grundrecht auf Wohnen gestellt.
In diesem Haus ballen sich leider diverse wohnungspolitische Probleme und Versäumnisse, die teils seit Jahren hätten beseitigt werden können. Es kann nicht sein, dass intakte Wohnhäuser zum Abriss und damit auch ihre Bewohnerinnen und Bewohner verdrängt werden, nur weil sich ein Eigentümer beim Kauf verzockt hat und nun durch Abriss Rendite machen will. Das Gebaren des Eigentümers der Habersaathstraße muss endlich den Senat und die Regierungskoalition zum Handeln veranlassen. Wir brauchen dringend eine Reform des Zweckentfremdungsverbotsgesetzes, damit Abrisse solcher Häuser künftig verboten werden können. Eigentum verpflichtet – das muss endlich auch für Herrn Pichotta gelten.
Es ist ein politisches Armutszeugnis, dass die Polizei hier Amtshilfe leisten muss, während der Eigentümer selbst seinen Pflichten nicht nachkommt – etwa bei der Sicherung von Strom, Wasser oder Wärmeversorgung. Noch unglaublicher ist, dass das Bezirksamt Mitte offenbar erst zwei Tage vor der Räumung informiert wurde. So kann keine verantwortungsvolle Wohnungspolitik funktionieren! Der Staat darf nicht länger die Interessen von Investoren durchsetzen, die ihre Verantwortung gegenüber den Mieterinnen und Mietern und der Stadt mit Füßen treten.
Es muss dringend geprüft werden, ob die heute geräumten Personen sicher untergebracht sind. Niemand darf nach einer Zwangsräumung obdachlos werden – schon gar nicht kurz vor dem Winter. Der Senat und der Bezirk stehen jetzt in der Verantwortung, sofort Hilfe zu leisten und eine sichere Unterkunft zu gewährleisten.
Und es muss jetzt oberste Priorität des Bezirks sein, die Entmietungsstrategien der Arcadia Estates zu stoppen. Herr Gothe hatte eine Ersatzvornahme angekündigt, falls der Eigentümer die Versorgung mit Fernwärme nicht wiederherstellt – dieser Ankündigung müssen nun auch Taten folgen.
Laut Gerichtsvollzieher sollen in den kommenden Wochen weitere Räumungstitel vollstreckt werden. Angesichts des nahenden Winters ist es ein Skandal, dass so etwas überhaupt möglich ist. Wir fordern ein sofortiges Räumungsmoratorium – gerade jetzt, wo Berlin eine akute Wohnungsnotlage erlebt.“
