Wie schnell kann Berlin klimaneutral werden? Bericht zum Fachgespräch
Am 11. Oktober 2022 fand ein Fachgespräch zum Thema „Transformation im Eilverfahren“ statt. Den Bericht von MdA Stefan Taschner lesen Sie hier.
Die Herausforderungen, die vor Berlin liegen, um den Pariser Klimaschutzzielen und dabei die sozialen Auswirkungen im Blick zu haben, sind hoch. Die Maßnahmen, die es braucht, um die Transformation im Eiltempo hin zur Klimaneutralität zu meistern, sind vielfältig. Nach einem Hitzesommer mit ausgetrockneten Flüssen und Seen im ganzen Bundesgebiet braucht es zügig umsetzungsstarke Maßnahmen, die auch direkt wirken. Die Klimauhr tickt unaufhörlich. Wie wir es trotzdem noch schaffen können den Klimawandel möglichst zu begrenzen und so schnell wie möglich klimaneutral zu werden, haben wir mit unseren Gästen aus Partei und Zivilgesellschaft diskutiert.
Wie komplex das Thema ist, wurde durch die Eingangsstatements der drei Podiumsgäste verdeutlicht. Eine Reihe von Schlagworten zeigte die Bandbreite der Herausforderungen und Maßnahmen gleichermaßen: Teilwärmenetze, Energiewende mit Brandenburg denken, Langfristszenarios zu Energiesystemen, Machbarkeit 2030/2040, Fachkräftemangel, autofreie Kieze, Sanierung in Milieuschutzgebieten, Effizienzsteigerung und Ausbau von Erneuerbaren, Transformationskonzepte, naturbasierte Maßnamen wie Holzbauweise sowie Finanzierungsmöglichkeiten und Spielräume der Banken uvm.
Um die Klimaneutralität möglichst schnell zu erreichen müssen sowohl technische aber auch strukturelle Hürden genommen werden. Doch es gibt best practice Beispiele, die Mut machen. Wir müssen es nur Schritt für Schritt mit der nötigen Willensstärke sowie Kontinuität angehen.
Dazu zählt zum einen die kommunale Wärmeplanung. Dabei muss man es wirklich wörtlich nehmen – denn es geht um Planung und nicht um den Plan. Die Planung muss prozessual verlaufen. Hilfreich ist die Etablierung von „Wärmetischen“, die die wichtigsten Akteur*innen zusammenbringen. Von den Großverbraucher*innen über die Wohnungsgesellschaften bis hin zu den Energieversorger*innen. Alle müssen an einen Tisch. Die dann zu berechnenden Planungen müssen auf realen Wärmeverbräuchen basieren und kleinteilig gedacht werden. Flächendeckende Berechnungen bringen hier keinen weiter.
Dafür braucht es ebenfalls die Verpflichtung von Kommunalverwaltungen ihre Energieverbräuche zu überwachen und ein Monitoring einzuführen.
Die dann erstellten Transformationskonzepte mit festgeschrieben Klimaschutzzielen werden jedoch nur gelingen, wenn alle, damit meinen wir auch die Großverbraucher*innen, mitmachen.
Wie so oft gibt es natürlich auch Hemmnisse auf dem Weg, wie bspw. Personalkapazitäten in Verwaltungen und fehlende Kompetenzen für Klimaschutzmanager*innen, um dezernatsübergreifend arbeiten zu können. Doch auch die Verwaltungsdigitalisierung spielt eine entscheidende Rolle.
Antragsverfahren für Fördermittel sind zu kompliziert. Bewilligungszeiträume auf Landes- und Bundesebene oftmals ganz unterschiedlich. Hinzu kommt, dass Banken gar nicht in der Lage wären alle Projekte und Maßnahmen zu finanzieren – gerade im Hinblick auf die Steigerung der Sanierungsrate.
Wie können wir es also besser machen?
Es braucht eine Politik, die das Thema auf höchster Ebene priorisiert, in allen Sektoren Verantwortlichkeiten definiert, Ziele klar formuliert, Klimaschutz in allen Ressorts sichtbar macht und Zielkonflikte löst.
Dazu zählt klimakonforme Sanierung und sozialverträgliches Wohnen, Geothermie und Trinkwassersicherheit sowie Windenergie und Naturschutz. Passende Rahmenbedingungen müssen gesetzt werden. Hier ist das Land Berlin gefordert!
Es braucht eine clearing Stelle für die Wohnungsgesellschaften, Lehrpläne für Auszubildende müssen auf den neuesten Stand gebracht werden (Lehrinhalte konkret zu Wärmepumpen vermitteln) und es muss der Fachhandel gefördert werden.
Ob Pro-Kopf-Berechnungen oder Budget-Ansatz – die Systeme müssen gerecht sein. Dazu gehören auch ambitionierte Zwischenziele und der Umbau von Industriezweigen. Wir können beispielsweise perspektivisch nicht auf die Abwärme aus einem Zementwerk setzen, wenn wir künftig nicht mehr mit Zement bauen wollen. Möglicherweise spielen Pyrolyseanlagen in Städten bald eine größere Rolle.
Zumindest müssen alle Maßnahmen immer dem multimodalen Ansatz unterliegen.
Wir bedanken uns bei allen Teilnehmenden für die konstruktive und gute Diskussion sowie bei unseren Podiumsgästen, die sich die Zeit genommen haben ihre Expertise einzubringen.