Bericht über eine Vertrauensperson des Verfassungsschutz Berlin
Sehr geehrter Herr Innensenator, lieber Andreas,
zu der – durch den gestrigen Bericht von Frontal21 bekanntgewordenen – Anwerbung eines Minderjährigen für die Ausreise in das Kampfgebiet des sog. Islamischen Staates durch eine beim Verfassungsschutz Berlin geführte sog. Vertrauensperson bitte ich um Information zu folgenden Fragen:
I. Aktivitäten der V-Person
1. Inwiefern trifft es zu, dass die V-Person „P.“ einen Minderjährigen in der von „Frontal21“ in der Sendung vom 25. September 2018 beschriebenen Form radikalisiert und durch konkrete Handlungen zur Ausreise in das Kampfgebiet animiert hat?
2. Trifft es zu, dass „P.“ in der Zeit vom Mai 2013 bis einschließlich September 2015 eine sog. Vertrauensperson des Berliner Verfassungsschutz war?
3. Welche Tatsachen lagen der Verpflichtung des „P.“ zugrunde? Welche Tatsachen lagen der Verpflichtung des „P.“ zugrunde? War „P.“ zum Zeitpunkt seiner Verpflichtung als VPerson vorbestraft? Welche Vorstrafen bestanden? Gab es Tatsachen und Gründe, die einer Verpflichtung als V-Person entgegenstanden? Hatte „P.“ seine Erprobungszeit schon erfüllt? Welche Bewertungen erhielt „P.“ im Zeitraum seiner Führung als V-Person?
4. Welche Informationen lieferte die V-Person „P.“ zu welchem Zeitpunkt in welcher Form?
5. Pflegte die V-Person „P.“ Kontakte zu Personen, die Gegenstand bzw. Beteiligte des Gefahrenabwehrvorgangs „LACRIMA“ des Bundeskriminalamtes waren, insbesondere zu Sabou Saidani?
6. Wurden seitens des zuständigen V-Personen-Führers Maßnahmen gegenüber „P.“ ergriffen, diesen an seine Verpflichtungen als V-Person zu erinnern, insbesondere keine Straftaten zu begehen? Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um sowohl die Durchführung der entsprechenden Belehrungen als auch deren Einhaltung durch „P.“ zu überprüfen?
7. Kann ausgeschlossen werden, dass „P.“ weitere Personen – auch in strafrechtlich nicht relevanter Form – radikalisierte?
8. Wie viele Ermittlungsverfahren und Strafverfahren wurden gegen „P.“ geführt? (Bitte mit Angabe der jeweiligen verfahrensführenden Staatsanwaltschaft, evtl. des beteiligten Gerichtes, der vorgeworfenen Straftatbestände und des Ausgangs des Verfahrens aufführen.)
9. In welcher Höhe flossen Honorare und Zahlungen in Geld an „P.? Welche sonstigen Leistungen erhielt er?
II. Bekanntwerden des Verdachts einer Straftat nach § 89a StGB
1. Aufgrund welcher Tatsachen entstand der Verdacht, „P.“ habe einen Minderjährigen für eine Ausreise in das Kampfgebiet des sog. Islamischen Staates animiert?
2. Wie wurde der in Rede stehende Verdacht seitens des Berliner Verfassungsschutzes bewertet?
3. Aus welchen Gründen sind die radikalisierenden Aktivitäten des „P.“, insbesondere Mitarbeiter*innen in der Berliner Verfassungsschutzbehörde, nicht bereits zu einem früheren Zeitpunkt aufgefallen?
4. Welche Vorgesetzten wussten wann von diesem Vorfall?
5. In welchem Verfahrensstand befinden sich welche Strafverfahren gegen „P.“?
III. Bezüge zum 1. Untersuchungsausschuss
1. Welche – auch mittelbaren – Bezüge gab es zum Attentäter vom Breitscheidplatz, Anis Amri, und dessen Umfeld?
2. In welchen Beobachtungsobjekten, insbesondere Moscheen war der „P.“ eingesetzt?
3. Welche Gründe gibt es, dass die Akten des Berliner Verfassungsschutz dem 1. Untersuchungsausschuss noch nicht vollständig zugeliefert worden sind?
4. Welche weiteren V-Personen der Berliner Verfassungsschutzbehörde gibt es bzw. sind im sog. Umfeld des Attentäters vom Breitscheidplatz, Anis Amri, insbesondere in der ehemaligen Fussilet Moschee und der Seituna Moschee eingesetzt?
IV. Reaktionen auf den Fall
1. Gab es eine Überprüfung der Führung des „P.“ seitens des Verfassungsschutzes oder der Senatsverwaltung für Inneres?
2. Sind die durch den Koalitionsvertrag verabredeten Einschränkungen beim Verfassungsschutz umgesetzt?
3. Welche Maßnahmen ergreift der Senat, damit V-Personen keine extremismusfördernden Aktivitäten entfalten oder sogar einschlägige Straftaten begehen?
Es wird beantragt, Akteneinsicht in den Vorgang um die sog. V-Person „P.“ einschließlich der Werbungsakte und der Treffberichte ggf. in geheimer Form. Vernehmung und Stellungnahme des zuständigen V-Personen-Führers in geeigneter Form.
Benedikt Lux