Ein Jahr Berliner Mietendeckel – Vollzug sicherstellen und Weiterentwicklung jetzt angehen!
Von Katrin Schmidberger, Sprecherin für Wohnen und Mieten
Die Corona-Pandemie macht einmal mehr deutlich, wie wichtig ein sicheres Zuhause ist. Der vor einem Jahr in Kraft getretene Mietendeckel ist hier ein wichtiges Schutzinstrument, das Verdrängung vorbeugt und bis zu 1,5 Millionen Berliner Haushalte entlastet, indem er sie bis 2025 vor überzogenen Mieterhöhungen schützt. Das Berliner Abgeordnetenhaus hat nach langen Verhandlungen mit diesem Gesetz juristisches Neuland betreten, um die Menschen in unserer Stadt so gut wie möglich vor Verdrängung aus dem eigenen Zuhause zu schützen, aber auch um das Primat der Politik wiederherzustellen. Denn Wohnungen dürfen keine reinen Anlageobjekte sein, Wohnungspolitik ist öffentliche Daseinsvorsorge und das Grundrecht auf Wohnen muss durch Rot-Rot-Grün gewährleistet werden. Der Mietenedeckel ist also zugleich ein politischer Auftrag für die gesamte Koalition, weiterhin alles zu tun, damit wir eine gemischte, solidarische Stadtgesellschaft bleiben.
Vor allem weil die Immobilien- und Bodenpreise in ungesundem Maße gestiegen sind, so dass kostengünstiger Neubau de facto verhindert wird sowie Bestandswohnungen sich exorbitant verteuerten und Menschen verdrängt werden, ist der Mietendeckel eine konsequente Notbremse. Diese ist notwendig, damit der Berliner Wohnungsmarkt nicht noch mehr aus den Fugen gerät. Denn Berlin ist leider auch die Hauptstadt der Immobilienspekulation.
Wenngleich die Entscheidung durch das Bundesverfassungsgericht noch aussteht, sind die Neuvertragsmieten in Berlin durch den Mietendeckel entgegen dem allgemeinen Städtetrend gesunken und Bestandsmieten wurden eingefroren. Die Grundstückspreise sind nicht mehr so stark gestiegen und teilweise sogar gesunken. Auch scheinen sich die meisten Vermieter*innen an das Gesetz zu halten, es gibt bisher relativ wenige Härtefälle und es gibt erste Anzeichen, dass sich einige renditeorientierte Geschäftsmodelle aus Berlin zurück ziehen. Diese Geschäftsmodelle schaden unserer Stadt auch deshalb, weil sie durch die hohen Mieten die Kaufkraft der Berliner*innen schwächen, wenn diese einen immer größer werdenden Anteil ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen.
Die guten Signale können jedoch nicht über die bestehenden Vollzugsdefizite bei der Durchsetzung des Mietendeckels hinwegtäuschen: Ob Schattenmietklauseln, illegale „Abschlagszahlungen“ für Möbel oder Kündigungsdrohungen bei Mietabsenkungen – diese Umgehungen sind nicht hinzunehmen und die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen steht hier in der Pflicht, die Menschen zu unterstützen, als auch selbst als Behörde Verstöße konsequent zu ahnden. Hier sehen wir noch Luft nach oben.
Die Untersagungserklärung des Bezirks Pankow gegen die Verwendung von Schattenmietklauseln unterstützen wir ausdrücklich. Diesem Vorbild sollten jetzt die anderen Behörden folgen. Auch deshalb war es uns Grünen immer wichtig, dass auch Bezirke gesetzlich die Möglichkeit bekommen, bei Bedarf juristisch gegen Verstöße gegen den Mietendeckel vorzugehen. Ein Gesetz kann seine volle Wirkung nur dann entfalten, wenn es konsequent umgesetzt wird. Die Informationen für die Berliner*innen rund um den Mietendeckel müssen weiter ausgebaut werden, weil viele nicht wissen, welche Rechte sie haben. Allen Berliner*innen raten wir, sich bei Bedarf juristischen Rat zu holen, dazu haben wir in allen Bezirken kostenfreie Beratungsstellen eingerichtet.
Bereits heute muss man die Weiterentwicklung des Mietendeckels vorbereiten: Mit der gesetzlichen Einführung eines Wohn- und Mietkatasters wollen wir alle Miethöhen sowie die Ausstattungsmerkmale von Wohnraum digital und transparent erfassen und damit den Mietendeckel nicht nur besser kontrollieren, sondern ihn auch nach 2025 weiterentwickeln. Für uns ist klar: Wir können den Mietendeckel nicht einfach auslaufen lassen solange der Berliner Wohnungsmarkt so angespannt ist. Die umfassende Datenlage, die ein Wohn-und Mietkataster bereitstellt, kann dazu genutzt werden, zielgenau Mieterhöhungen zu begrenzen – und damit quasi einen Mietendeckel 2.0 zu schaffen. Solange wir Verdrängung durch Immobilienspekualtion erleben und der Bundesgesetzgeber all die Schutzlücken nicht schließt, brauchen wir eine Regulierung durch ein öffentliches Preisrecht im Wohnungswesen.