Masterplan Ankommen und Teilhaben: Wir machen Partizipation konkret
Im Rahmen ihrer Fraktionsklausur 2022 hat die Grüne Fraktion im Abgeordnetenhaus von Berlin heute das Papier „Masterplan Ankommen und Teilhaben“ beschlossen. Berlin hat die letzten Wochen seit Ausbruch des Angriffskrieges auf die Ukraine relativ gut gemeistert und die akuten Bedarfe der Geflüchteten in den Vordergrund gestellt. Die Grünen-Fraktion schlägt den Masterplan jetzt vor, um Partizipation ins Konkrete zu übersetzen und festzuschreiben, wie mittel- und langfristig agiert werden muss, um echte Teilhabe zu ermöglichen. Dabei stehen die Bedürfnisse aller Geflüchteten im Vordergrund.
Fraktionsvorsitzende Silke Gebel:
„Berlin ist Solidarity City. Die Berliner*innen haben Herzen und Türen geöffnet und das Ankommen der Geflüchteten aus der Ukraine seit Tag 1 gesichert. Ziel muss jetzt sein, alle weiteren Maßnahmen in einem Masterplan Ankommen und Teilhaben zu bündeln und die Regelstrukturen zu stärken. Indem wir beispielsweise die Anerkennung von Abschlüssen beschleunigen, Kindern und Jugendlichen beste Startchancen in unserem Bildungssystem geben und ukrainische Expertise im Gesundheitssektor einbinden, schaffen wir gemeinsam das Berlin von Morgen.“
Sprecher für Migration, Partizipation und Flucht, Jian Omar:
„Ich bin froh, dass Ukrainerinnen und Ukrainer mit der vergleichsweise verbesserten Rechtslage durch Anwendung des §24 Aufenthaltsgesetz viele Freiheiten haben, die für ein sicheres Ankommen und echte Teilhabe elementar sind. Leider wurden diese Freiheiten anderen Geflüchteten in der Vergangenheit verwehrt. Für uns ist klar: Wir machen keinen Unterschied zwischen Menschen mit ukrainischem Pass und Geflüchteten anderer Nationalitäten! Wir wollen mit diesem Masterplan einen Paradigmenwechsel in der Asyl- und Fluchtpolitik und bestmögliches Ankommen und Teilhaben für alle Geflüchteten.“
Im Papier skizziert die Grüne Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus acht Eckpunkte:
- Gutes Ankommen ermöglichen: Berlin ist Ankunftsort, Willkommenszentrum und Drehkreuz für Deutschland und Westeuropa. Unser Anspruch ist es, ein bestmögliches Ankommen zu organisieren. Wir zeigen Verantwortung und wollen dieser gemeinsam mit dem Bund, Land und Bezirken nachkommen. Die Strukturen der Erstversorgung müssen erhalten und qualifiziert werden. Wir streben an, dass möglichst viele Geflüchtete aus der Ukraine eine Erstversorgung nach SGB II zugutekommt.
- Gesundheitsversorgung gewährleisten: Der Zugang zur gesundheitlichen und pflegerischen Versorgung hat für uns Priorität. Dabei muss ein schneller Übergang in die Regelversorgung und die Anerkennung der gesteigerten Bedarfe, insbesondere bei der psychosozialen Versorgung und Sprachmittlung, sichergestellt werden. Berlin stellt als eines der ersten Bundesländer eine Gesundheitskarte aus. Ein Vertrag mit der Kassenärztlichen Vereinigung sichert die Gesundheitsversorgung bis zum Tag der Ausstellung. Wir wollen gleichzeitig Menschen aus der Ukraine mit Kompetenzen in gesundheitsfachlichen Berufen die Möglichkeit bieten, ihre Potenziale einzubinden – das kann z.B. durch Patenschaftsmodelle entstehen.
- Wohnraum für eine menschenwürdige Unterbringung schaffen: Wohnen ist Grundvoraussetzung für eine gefestigte soziale Perspektive. Unser Ziel ist daher ganz klar eine dezentrale und in die Kiezstrukturen integrierte Unterbringung von Geflüchteten aufzubauen. Wohnraum für Geflüchtete soll möglichst kombiniert werden mit anderen Nutzungen, wie Kinderbetreuung, Trägerwohnungen und Projekträume für Qualifizierungs- und Betreuungsmaßnahmen. Der Zugang zu Wohnberechtigungsscheinen soll für alle Ankommenden erleichtert werden.
- Von Beginn an Bildungs- und Ausbildungsangebote schaffen: Für die gesellschaftliche Teilhabe der Geflüchteten müssen die Zugänge zu Bildung sowie der Erwerb von beruflichen Qualifikationen schnell ermöglicht und gezielt gefördert werden. Gerade Kinder und Jugendliche sollen in Berlin beste Startchancen haben. Essentiell für Mütter und Familien ist eine gute Kindertagesbetreuung – hier befürworten wir die unkomplizierte Ausstellung von Kitagutscheinen. Wir brauchen ausreichend Willkommensklassen und gute Sprachförderung. Die Errichtung einer deutsch-ukrainischen Schule werden wir vorantreiben.
Studierenden und Wissenschaftler*innen ein neues Zuhause geben: Sie sollen umfassenden Zugang zur Berliner Wissenschaftslandschaft erhalten und sie mit ihren Perspektiven und ihrer Expertise bereichern. Berlin soll daher unbürokratisch über das Mittel der Fiktionsbescheinigungen zunächst eine sechsmonatige Bleibeperspektive als befristete Lösung ermöglichen. Speziell für materielle Bedürfnisse wollen wir den Notlagenfonds und den Zuschussfonds „Start ins Studium/Erfolgreich zum Studienabschluss“ aufstocken. Mit diesem können Studierende bis zu 1.000 Euro Starthilfe bekommen. - Student*innen und Wissenschaftler*innen ein neues Zuhause geben: Sie sollen umfassenden Zugang zur Berliner Wissenschaftslandschaft erhalten und sie mit ihren Perspektiven und ihrer Expertise bereichern. Berlin soll daher unbürokratisch über das Mittel der Fiktionsbescheinigungen zunächst eine sechsmonatige Bleibeperspektive als befristete Lösung ermöglichen. Speziell für materielle Bedürfnisse wollen wir den Notlagenfonds und den Zuschussfonds „Start ins Studium/Erfolgreich zum Studienabschluss“ aufstocken. Mit diesem können Studierende bis zu 1.000 Euro Starthilfe bekommen.
- Schnelle berufliche Anerkennung, Beratung und Sprachförderung sicherstellen: Neben guten Bildungs- und Ausbildungsangeboten wollen wir Geflüchteten möglichst schnell den Einstieg ins Berufsleben ermöglichen. Mit einem Beruf auf eigenen Füßen stehen, Kontakte knüpfen, die Sprache noch besser lernen – all das sind wichtige Bausteine im guten Ankommen und Teilhaben. Zwei Schwerpunkte sind dabei wichtig: Spracherwerb fördern und die Anerkennung von beruflichen Abschlüssen beschleunigen. Das Land Berlin soll sich außerdem dafür einsetzen, dass die Beratungsleistungen der Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung (ZSBA) auch geflüchteten Fachkräften im Inland zugute kommen. Ein schneller Eintritt ins Berufsleben kann auch durch Tandemlösungen erzielt werden.
- Kulturpolitische Begegnungen fördern: Der russische Krieg in der Ukraine ist nicht nur Krieg um territoriale Aberkennung, sondern auch ein Krieg um kulturelle Hegemonie. Deshalb ist es uns nicht nur wichtig ukrainische Kulturangebote zu fördern, sondern der kulturellen und politischen Eigenständigkeit der Ukraine in Berlin einen Ort geben. Aus diesem Grund unterstützt die Fraktion die Entstehung des Ukrainehauses. Als Zeichen den Unterstützung wollen wir gemeinsam am 24. August den Unabhängigkeitstag der Ukraine auch in Berlin begehen – wir schlagen vor, dass er in diesem Jahr einmalig ein Feiertag ist.
- Zivilgesellschaft und Krisenresilienz festigen. Das Wichtigste sind aber die Menschen. Berlins Zivilgesellschaft ist ein unbezahlbarer Schatz. Wir werden uns daher weiter für die aktiven Menschen dieser Stadt einsetzen, den Zusammenhalt stärken und gemeinsam den weiteren Weg gehen.