Berlin muss sich für eine umfassende Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) stark machen
Die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Berliner Abgeordnetenhaus haben heute gemeinsam den Antrag „Effektiven Diskriminierungsschutz bundesweit ermöglichen – Bundesratsinitiative für eine Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG)“ eingereicht.
Bereits die rot-grün-rote Koalition plante, eine entsprechende Initiative in den Bundesrat einzubringen, um von Berlin aus Druck für eine umfassende Reform zu machen. Ein gemeinsamer Koalitionsantrag lag bereits vor, wurde aber nach der Bildung der Rückschrittskoalition durch die SPD-Fraktion zurückgezogen. Für viele Menschen, die auf besseren Schutz vor Diskriminierung durch die Reform hoffen, ist es eine bittere Enttäuschung, dass Berlin nicht mehr als Partnerin und Vorkämpferin für mehr Diskriminierungsschutz bundesweit an ihrer Seite steht.
Dabei ist die von der Ampelregierung versprochene aber verschleppte Reform dringend notwendig, weil sich in der Praxis des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes erhebliche Lücken und massive Hindernisse bei der Rechtsdurchsetzung ergeben haben. Deshalb hat im Juli das Bündnis „AGG Reform-Jetzt!“, dem sich 100 zivilgesellschaftliche Organisationen angeschlossen haben, gemeinsam mit der Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung eine vielbeachtete Stellungnahme abgegeben. In dieser fordert das Bündnis von der Bundesregierung, die Vorlage eines Gesetzesvorschlags für eine umfassende Novellierung des AGG.
Elif Eralp, antidiskriminierungspolitische Sprecherin der Linksfraktion, betont:
„Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz muss endlich auf öffentliches Handeln ausgeweitet werden. Es kann nicht sein, dass für die Wirtschaft strengere Regelungen gelten als für den Staat. Diskriminierungen durch Bundesbehörden wie beispielsweise die Bundespolizei, das Jobcenter oder das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollten genauso geahndet werden wie im privaten Sektor, so wie es derzeit durch das von der rot-grün-roten Koalition erlassene und für viele Bundesländer als Vorbild geltende Landesantidiskriminierungsgesetz bereits möglich ist.
Außerdem sind bisher fehlende Diskriminierungsdimensionen wie „sozialer Status“ und „Aufenthaltsstatus“ oder auch eine „Fürsorge- oder Pflegeverantwortung“ in das AGG aufzunehmen, da es immer wieder zu Diskriminierung von Menschen in schwierigen Lebenslagen kommt, weil sie keinen gesicherten Aufenthaltsstatus haben, alleinerziehend sind oder weil sie wegen ihrer ökonomischen Verhältnisse, der sozialen Herkunft oder ihrem Bildungsstatus diskriminiert werden.“
Tuba Bozkurt und Sebastian Walter, Sprecher*innen für Antidiskriminierungs- und Diversitätspolitik der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, erklären:
„17 Jahre nach seiner Einführung ist eine Novellierung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auf Bundesebene mehr als überfällig. Berlin hat es mit dem Landesantidiskriminierungsgesetz vorgemacht, wie ein modernes Antidiskriminierungsrecht aussieht: Mit einer deutlichen Verlängerung der Klagefristen auf mindestens ein Jahr. Mit einer erweiterten Beweislasterleichterung, welche die von Diskriminierung Betroffenen in der Durchsetzung ihrer Rechte stärkt. Mit einem Verbandsklagerecht, mit dem sich Antidiskriminierungsverbände wirkungsvoll gegen strukturelle Diskriminierung von Behörden und öffentlichen Einrichtungen wenden können. Dies erwarten wir auch für die Reform des AGG auf Bundesebene!
Die Erweiterung des Geltungsbereichs auf öffentliche Einrichtungen und öffentliches Handeln ist nach EU-Vorgabe zwingend erforderlich. Wir fordern zudem eine Öffnung des Katalogs der Diskriminierungskategorien, damit der Schutz vor Diskriminierung tatsächlich umfassend greift.
Wir erwarten von Bundesjustizminister Marco Buschmann, dass er nun zeitnah einen Gesetzentwurf vorlegt, der den Forderungen aus der Zivilgesellschaft Rechnung trägt.“