Rassismus bekämpfen – strukturell und jeden Tag
Zum Internationalen Tag gegen Rassismus am 21. März 2021 erklären Antje Kapek und Silke Gebel, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus:
„Rassismus trifft uns nicht alle, aber er be-trifft uns alle. 2020 wurden in Deutschland fast doppelt so viele rassistische Diskriminierungen gemeldet wie 2019. In Berlin wurden mindestens 493 Menschen durch rechte, rassistische und antisemitische Angriffe verletzt oder massiv bedroht. Jeder Mensch hat das Recht auf ein sicheres Leben. Dass dieses Recht nicht immer und für jeden durchgesetzt wird, zeigen diese Befunde. Unser Rechtsstaat krankt, weil er nicht alle Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen schützt. Rassismus tötet. Das haben die Morde von Hanau erneut gezeigt. Neun Menschen mit Familien, Freunden, Hoffnungen, Ängsten, Zukunftsplänen wurden von einem Rassisten auf brutalste Art und Weise aus dem Leben gerissen. Wir wissen aber auch: Hanau ist kein Einzelfall. Im Gegenteil: Hanau ist überall, Hanau hätte auch Berlin sein können. Das zu verhindern ist unser aller Pflicht.
Rassismus ist auch ein strukturelles Problem. Deshalb müssen wir an die Strukturen ran: Sei es die Verwaltung, unsere Sicherheitsbehörden oder das öffentliche Leben. In einem Land, in dem sich nicht alle sicher fühlen können, gehört alles auf den Prüfstand, damit rassistische oder rechtsextreme Tendenzen gezielt bekämpft werden können. In Berlin brauchen wir dafür eine Enquetekommission „Rassismus-Bekämpfung“, die rassistische Strukturen entlarvt und Handlungsempfehlungen erarbeitet. Rot-Rot-Grün ist erste Schritte gegangen, um etwas von dem verloren gegangenen Vertrauen in Polizei und Justiz zurückzugewinnen. Das erste Landesantidiskriminierungsgesetz, die Antisemitismusbeauftragte bei der Generalstaatsanwaltschaft, die Beratungsstellen für Opfer von Gewalt und Diskriminierung oder die Expert*innenkommission zu antimuslimischem Rassismus sind einige Beispiele.
Wir kommen aber nicht voran, wenn wir es nicht schaffen, rechte Gewalt systematisch zu bekämpfen. Dass die rechtsextreme Anschlagsserie in Neukölln mit mehr als 70 Straftaten noch immer nicht aufgeklärt wurde, ist ein fatales Signal: Nämlich dass sich Neonazis hier sicher fühlen können, während die Opfer und Menschen, die sich gegen Rechts engagieren, weiterhin in Angst leben müssen. Wir erwarten lückenlose Aufklärung der Anschlagsserie sowie der Frage, ob es undichte Stellen in der Polizei und Verbindungen zu Rechtsextremen gab und wie weit das Neonazi-Netzwerk in Neukölln reicht. Alle Fragen, die unbeantwortet bleiben, müssen im Anschluss von einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss aufgeklärt werden.“