Fünf-Punkte-Plan: Demokratie und Offenheit in unserer Hauptstadtpolizei
Die Berliner Polizei ist Garant für Freiheit, Sicherheit und Ordnung in unserer Stadt. Sie steht fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und verteidigt unsere Werte, die Offenheit und Menschlichkeit in unserer Stadt. Sie sorgt für Sicherheit und verfolgt Kriminalität. Akzeptanz und Vertrauen in die Berliner Polizei sind wichtige Voraussetzungen für Ermittlungserfolge und für eine gute Polizeiarbeit. Jede einzelne Polizistin und jeder einzelne Polizist trägt täglich eine hohe Verantwortung dafür, dass Vertrauen und Akzeptanz bestehen bleiben und Straftaten und verfassungsfeindliche Vorkommnisse, auch in den eigenen Reihen, konsequent verfolgt werden.
In den letzten Jahren hat es rechtsextreme Vorkommnisse – davon einige Verdachtsfälle, aber auch eindeutige – Straftaten gegeben, die geeignet sind das Vertrauen in die Berliner Polizei zu erschüttern.1 Gleichzeitig werben rechtspopulistische Kreise immer stärker um Polizistinnen und Polizisten, in Einzelfällen bekennen sich Polizistinnen und Polizisten aktiv zu rechten Parteien, übernehmen dort Funktionen. In einigen Fällen stehen Polizistinnen und Polizisten sogar den höchst gefährlichen Reichsbürgern nahe.
Die rot-rot-grüne Koalition darf diese Vorkommnisse nicht dulden und muss sie besser aufklären. Es reicht nicht, darauf zu verweisen, dass es eine gute Praxis in der Ausbildung und Netzwerkarbeit der Berliner Polizei für Weltoffenheit, Demokratie, gelebte Vielfalt und interkulturelle Kompetenz gibt. Es reicht nicht, dass Führungskräfte und der Senat sensibel und engagiert für eine demokratische Polizei stehen; entscheidend ist, dass Rechtsstaat und Demokratie an der Basis und in allen Bereichen der Polizei Tag für Tag vermittelt werden; dass Verfassungsfeindlichkeit generell und grobe Verstöße gegen das Mäßigungs- und Neutralitätsgebot im täglich Dienst nicht geduldet werden.
Um die Lage klarer zu erfassen und möglichen Problemen früher zu begegnen, machen unsere Fachabgeordneten Benedikt Lux und June Tomiak mit einem Fünf-Punkte-Plan für „Demokratie und Offenheit in unserer Hauptstadtpolizei: Was tun gegen Rechtsextreme in der Polizei?“ einen Vorschlag:
1. Erfassung von verfassungsfeindlichen Verstößen
Bislang sind die oben genannten Einzelfälle nur über Recherchen von Medien bekannt geworden. Senat und Polizeiführung selber führen keine Statistiken. Diese sind erforderlich um einen aktuellen Stand und die Entwicklung von verfassungsfeindlichen Vorkommnissen in der Berliner Polizei zu haben.
2. Studie über verfassungsfeindliche Einstellung innerhalb der Polizei
Die Gründe für verfassungsfeindliche Einstellung in der Polizei müssen untersucht werden und transparent beraten werden. Warum werden insbesondere rechtsextreme Vorkommnisse bekannt? Gibt es auch Einstellung aus anderen Phänomenbereichen? Wie lange und wie verfestigt sind diese?
Bei wem liegen sie vor? Hat die konkrete Arbeitssituation etwas damit zu tun? Was sind erfolgsversprechende Ansätze, um diesen entgegen zu wirken? (https://www.zeit.de/2019/20/rechtsextremismus-polizei-rassismus-diskriminierung-beamte-hitlergruss)
3. Untersuchung von Kennverhältnissen
Der Verfassungsschutz warnt seit längerem vor einer höheren Vernetzung von rechtsextremistischen Gruppen. Diese ist auch in der Berliner Polizei nicht ausgeschlossen. Insbesondere das Hannibal-Netzwerk hat gezeigt, wie schnell es zu eingeschworenen Verbindungen von Rechtsextremisten im Militär und der Polizei kommen kann. Es wäre naiv zu glauben, Berlin sei davon frei, nur weil dem Senat keine Erkenntnisse vorliegen. Es ist fahrlässig, sich darauf zu verlassen, es handele sich um wenige Einzelfälle. Die Gefahr eines rechtsextremen Netzwerks ist nicht unwahrscheinlich; sehr wahrscheinlich ist, dass sich Rechtsextreme innerhalb der Polizei auch in kleinen Gruppen vernetzen. Die Polizei ist deshalb aufgefordert, Umgangs-, Vertrauens- und Kennverhältnisse von Polizisten, die mit verfassungsfeindlichen Einstellungen aufgefallen sind, abzuklären.
4. Aufklärung der vorliegenden Fälle – Offener Umgang
Wir erwarten, dass die Polizeiführung die in Rede stehenden Fälle aktiv aufklärt und das Parlament in geeigneter Form über den Sachverhalt und die Rechtsfolgen umfassend unterrichtet wird, auch über wesentliche Fälle, die noch nicht über Medienrecherchen bekannt geworden sind. Wichtig ist, dass die große Zahl demokratischer und engagierter Polizistinnen und Polizisten dazu ermutigt werden, offen, fair und transparent auf verfassungsfeindliche Vorkommnisse aufmerksam zu machen. Vielfach – in leichten, unbedachten, missverständlichen, Fällen – möge dafür ein persönliches Gespräch unter Kolleg*innen genügen; manchmal ist die Mitteilung an eine Vorgesetzte unumgänglich. Entscheidend ist, dass offen miteinander gesprochen wird, dass Personen, die berechtigte Hinweise gemacht haben, gewürdigt und nicht ins Abseits gestellt werden.
5. Polizeibeauftragte mit Ermittlungskompetenzen
Genau für solche Fälle ist eine Polizeibeauftragte eine sinnvolle Anlaufstelle. Diese muss eigenständige Ermittlungskompetenzen haben und mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Polizei sprechen können. Deswegen ist es dringend erforderlich, dass wir im Laufe des Jahres das Gesetz für eine unabhägige*n Beauftragte für Bürger- und Polizeiangelegenheiten umsetzen, das unsere Fraktion vorgeschlagen hat.
Fünf-Punkte-Papier: Demokratie und Offenheit in unserer Hauptstadtpolizei
Antwort auf Schriftliche Anfrage: Rechtsextremismus in der Polizei